von Daniel Götte
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27. Dezember 2021
550 Jahre Bergbau am Rheingrafenstein Den meisten Einheimischen und Besuchern des Rheingrafensteins ist nicht bekannt, dass es am Rheingrafenstein vor über 500 Jahren einen regen Bergbau auf Kupfer- und Silbererze gab. Das „Berggeschrey“ zog Kaufleute und Teilhaber aus fernen Städten wie Frankfurt am Main und Augsburg an. Heute erinnern nur noch ein kurzer Stollenansatz und ein höhlenartiger Eingangsbereich eines Stollens am Weg vom Huttental auf dem Rheingrafenstein und Vertiefungen und Halden am Haidberg an den vergangenen spätmittelalterlichen Bergbaubetrieb. Vor genau 550 Jahren hören wir zum ersten Mal in einer Urkunde davon: Am Sankt Johann Evangelisten Tag (27. Dezember) in den Weihnachtstagen des Jahres 1471 verlieh der pfälzische Kurfürst Friedrich I. der Siegreiche den Wild- und Rheingrafen Johann Unterlandvogt im Elsaß, Gerhardt Friedrich und Johann der Junge das Recht ein Bergwerk am Rheingrafenstein zu betreiben, nachdem sich im „Monster Dale“ (Münstertal) am Rheingrafenstein ein Bergwerk erzeigt (aufgetan) hatte. Der Kurfürst hatte nach der Goldenen Bulle von 1356 als Landesfürst die alleinigen Rechte am Bergbau, überließ aber den Rheingrafen ihrer getreuen Dienste willen, den dritten Teil des Zehnten der aus den Bergwerkserträgen an den Landesherrn abzuführen war (Generallandesarchiv Karlsruhe, Pfälzisches Kopialbuch Nr. 14 fol. 101). Zwei Jahre zuvor wurde bereits vom Kurfürsten in der Umgebung des Rheingrafensteins an Reinhard von Sickingen, Urgroßvaters Franz von Sickingen, ein Bergwerk im Bereich der Ebernburg verliehen, dessen Gemarkung von der Alsenz bis zum Kehrenbach als Grenze heranreichte. Heute sind in diesem Bereich noch drei Stollen und ein verschütteter Schacht erhalten. Dies veranlasste vielleicht die Rheingrafen auf ihren eigenen Grund und Boden nach Erzen suchen zu lassen. Bereits sieben Jahre zuvor hatte der Rheingraf Friedrich von Steyn die Erlaubnis erhalten, neue Erze im Amt Kreuznach zu suchen. Weitere Geschichte des Bergbaus am Rheingrafenstein: 1481: Erste Bergwerksgewerkschaft St. Mauritius Fundgrube Es gingen 10 Jahre ins Land, bis wir wieder etwas vom Bergwerksbetrieb am Rheingrafenstein erfahren. Der wohl umfangreicher werdender Bergbau erforderte Kapital für den Weiterbetrieb. Die Rheingrafen bildeten mit weiteren Anteilseignern eine Bergwerksgewerkschaft, die am Samstag nach St. Martin 1481 von Friedrich Wildgrafen zu Daun und Rheingrafen zum Stein mit einem Bergwerk, genannt Mauritius Fundgrube, belehnt worden ist (IFS Frankfurt Archiv Häberlin Bd. 29 fol. 131r-135r). Der heilige Mauritius war der Schutzheilige der Rheingrafen und wurde deshalb auch als Patron des Bergwerks gewählt. 1483: Bergbauboom und Bergordnung für den Rheingrafenstein In den folgenden Jahren entwickelte sich der Bergbaubetrieb erfolgreich weiter. Im Jahr 1483 erhob der pfälzische Kurfürst Phillip Einspruch, verwies auf seine Rechte und verlieh am 11. März das Bergwerk am Rheingrafenstein bestehend aus 16 Stämmen (Anteilen) erneut an Johan Friedrich Rheingrafen zum Stein zur einen Hälfte und die anderen Hälfte an 8 weitere Anteilseigner. Der zunehmende Betrieb erforderte die Ernennung eines Bergfauts (Bergmeisters), zu dem Johann Eppstein vom Kurfürst Phillip ernannt wurde. Außerdem wurde vom Kurfürsten am 09. Oktober 1483 eine umfangreiche Bergordnung für den Rheingrafenstein aufgestellt. Trotz der regen Betriebsamkeit blieb aber der Ertrag hinter den Aufwendungen zurück. Die Gewerken der Fundgrube St. Mauritius haben im Jahr 1485 bereits 10.000 rheinische Gulden verbaut (aufgewandt), aber noch keinen Gewinn gemacht. Auch der Kurfürst hat von seinem Silber-Anteil (Zehnt) einen Verkaufserlös von 350 rheinischen Gulden erzielt, aber Ausgaben von 580 Rheinischen Gulden Der Ruf des Silbers zog trotzdem weitere Spekulanten an, so wurden Graf Gottfried von Eppstein (Schwager des Rheingrafen) und der Frankfurter Kaufmann Arnold von Holzhausen Hauptanteilseigner am Rheingrafenstein. Aber auch ein Kaufmann aus Augsburg, Melchior Stuntz, taucht in den Akten auf. 1487: Weitere Bergwerke am Rheingrafenstein und langsamer Niedergang Im Jahr 1487 werden zwei weitere Bergwerke am Rheingrafenstein genannt: St. Patter (Peter) und Paul und Heilig Kreuz. Der Bergsegen nahm aber ab, während die Betriebskosten wegen der tiefer werdenden Schächte und länger werdenden Stollen anstiegen. Es kam zum Streit über das Ausschmelzen der Erze. Den Gewerken wurde gestattet, das Erz in anderen Hütten als der Bergwerkseigene (?) zu schmelzen. Der Frankfurter Kaufmann Arnold von Holzhausen, genannt der Dicke, nahm 1488 ein Darlehen von 1.500 Gulden bei der Stadt Frankfurt auf und musste dafür alles von seiner Gesellschaft am Rheingrafenstein gewonnene Silber für ein Jahr dem Rat der Stadt für 7 ½ Gulden die Mark Feinsilber verkaufen. Tatsächlich ist in den Büchern der Münze Frankfurt der Eingang von zwei Silberbarren vom Rheingrafenstein zu 34 und 27 Mark verzeichnet, immerhin ca. rund 11,5 kg Feinsilber aus Erzen vom Rheingrafenstein. Im Jahr 1490 gab es nochmal einen verheißungsvollen Erzanbruch. Aber Arnold von Holzhausen ging 1492 mit 9365 Gulden Schulden in den Bankrott, wie andere hatte er zuviel Geld in den nicht ertragreichen Bergbau gesteckt. Die Erzgänge am Rheingrafenstein waren nicht so groß, reichhaltig und ergiebig wie in anderen Bergbaugebieten. Der Kurfürst gewährt schließlich den Gewerken im Jahr 1490 Zahlungsaufschub und verzichtet auf den Schmelzlohn (in der landesherrlichen Hütte?). Die bedeutenden Gewerken zogen ab. Melchior Stuntz aus Augsburg beteiligte sich später zum Beispiel an Bergwerken in Tirol und im Pinzgau. 1511: Franz von Sickingen übernimmt die Bergwerke Vierzig Jahre später betreiben nur noch ein paar verbliebene „Bergknechte“ (Bergleute) wohl als Eigenlöhner das Bergwerk. Franz von Sickingen übernimmt im August 1511 ihre Bergwerksanteile und stellt sie als „Bergknechte“ in seinen Dienst. Franz von Sickingen vereinigte damit den Ebernburger und Rheingrafensteiner Teil der Bergwerke zu einem Betrieb und bekommt das Bergwerksrecht schließlich am 12. Oktober 1511 vom Kurfürsten Ludwig V zugesprochen, außerdem wird er für ein Jahr vom Zehnt befreit. Aber auch für Franz von Sickingen war der Bergwerksbetrieb unrentabel und er verkaufte die Bergwerke schließlich drei Jahr später am 3. November 1514 für 3.200 rheinische Gulden an Gregor Hirsch aus Schneeberg, sowie Jost Kutter, Goldschmied aus Heidelberg und Melchior Hecht aus Heidelberg weiter. Die Original-Urkunde befindet sich heute im Besitz der Ebernburg Stiftung, der Revers im Stadtarchiv Mainz. Der Bergbaubetrieb schläft danach anscheinend ein. 1521: Franz von Sickingen will das Bergwerk wieder in Betrieb nehmen Im Jahr 1521, vor 500 Jahren, will Franz von Sickingen das Bergwerk am Rheingrafenstein wieder in Bau nehmen, wie er in einem Brief an den Rheingrafen Phillipp schreibt, der im Archiv des Fürsten von Salm-Salm in Anholt erhalten ist (FSSA Anholt: Archiv Dhaun, Inv. Nr. 804). Wahrscheinlich glaubte Franz von Sickingen Geld oder Kupfer für die Feldgeschütze für seine Feldzugspläne aus den Bergwerken gewinnen zu können. Kurz darauf stirbt aber Rheingraf Phillip und zwei Jahre später im Jahr 1523 enden mit Franz von Sickingens Tod und Eroberung der Ebernburg durch die Kurfürsten alle Pläne für die Bergwerke am Rheingrafenstein. Etwa aus demselben Jahr oder wenig später ist ein undatierter Bericht über die Bergwerke zu Zeiten Franz von Sickingen erhalten. 1524: Letzte Bergbauaktivitäten am Rheingrafenstein Am 20. Oktober 1524 belehnt Kurfürst Ludwig V den Suchstollen St. Mauritius, den zuvor Franz von Sickingen baute, an Jakob Albich zu Alzey und Peter Drapp aus Schriesheim. Danach verlieren sich die Spuren des Bergwerks am Rheingrafenstein in den Archiven. Zwar gab es in den nachfolgenden Jahrhunderten immer wieder Versuche das Bergwerk wieder aufzunehmen und es sind auch verschiedene Bergwerksverleihungen aktenkundig, aber über Prospektionsarbeiten kam der Betrieb nie hinaus. Die letzte Verleihung erfolgte im Jahr 1881 an R. Härche aus Bad Kreuznach.